Dipl.-Ing. (FH) Helmut Rasch

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Technischer Hinweis 10

Adobe Photoshop CC und Creative Cloud im Praxiseinsatz


Einleitung

Bei der Entwicklung des softwareseitigen Teils der IR-Clean-Technologie haben wir uns Ende 2020 für ein Jahres-Abo von Adobe Photoshop CC aus der Creative Cloud entschieden. Bei »IR-Clean« handelt es sich um unser Verfahren für eine hardware-basierte Staub- und Kratzerentfernung, die auf der Basis eines Infrarot-Scans alle Fabrikate von Farbdiafilmen verarbeiten kann. Im Folgenden erfahren sie, warum wir derzeit wieder die letzte käufliche Version Adobe Photoshop CS6 (Creative Suite 6) einsetzen und an der zukünftigen Umstellung auf eine alternative Software arbeiten.

Cloud-Software ist ein Abo

Charakteristisch für ein Cloud-Abo ist, dass die Software vereinfacht ausgedrückt nur gemietet wird. Trotzdem wird auch Photoshop CC lokal auf einem PC installiert. Hierzu ist ein Download über eine Internetverbindung erforderlich. Danach kann die Software begrenzt auf einige Tage auch ohne Internetverbindung verwendet werden.

Erfahrungen mit Photoshop CC

Hier zeigten sich in unserer Einsatzpraxis schon erste Schwierigkeiten. In der Automatisierungstechnik ist es nicht unüblich, für Testzwecke die Zeit- und Datumseinstellung eines Rechners temporär zu ändern. Doch genau darin sieht die Cloud-Software von Adobe eine Manipulation mit böswilliger Absicht und verhindert die Ausführung der Software solange, bis wieder eine Verbindung mit dem Internet hergestellt ist. Das kann zum Problem werden, da in Umgebungen der Automatisierungstechnik eine dauerhafte Verbindung zum Internet eher die Ausnahme ist.

Eine weitere Quelle für Unannehmlichkeiten sind automatische Updates. Diese lassen sich zwar zeitweilig deaktivieren, doch früher oder später gibt es bei einer Cloud-Lösung keinen Weg daran vorbei. Zwar sollten normalerweise durch Updates lediglich Sicherheitslücken geschlossen oder Verbesserungen ergänzt werden. Es kann jedoch auch vorkommen, dass durch eine Aktualisierung des Herstellers ein Mangel erst verursacht oder ausgelöst wird. Genau einen solchen Fall zeigt das nachfolgende Beispiel.

Bei automatisierten Verarbeitungsprozessen sind eingeblendete Dialogboxen einer Software nachteilig, weil dies eine Quittierung durch einen Bediener erforderlich machen würde, was eine Unterbrechung zur Folge hätte. Im Bereich der Automationssoftware hat sich daher schon vor Jahren der Standard durchgesetzt, dass derartigen Meldungen unterschiedliche Prioritäten zugeordnet werden, die sich je nach Betriebszustand unterdrücken lassen. Während Programmfehler eine hohe Priorität haben und oft dazu führen, dass eine Software abstürzt oder hängen bleibt, haben Warnmeldungen eine niedrige Priorität und sind für den weiteren Ablauf nicht relevant.

In Adobe Photoshop ist dieser Standard noch in den früheren Versionen von Photoshop konsequent umgesetzt. Im Betriebszustand der manuellen Bedienung über die Benutzeroberfläche lassen sich Warnmeldungen mit OK quittieren. Danach kann normal weitergearbeitet werden. Im automatisierten Betriebszustand per Stapelverarbeitung hingegen werden Warnmeldungen noch bis einschließlich Photoshop CC 2019 unterdrückt. Dieses Verhalten ist im Zusammenhang mit den älteren Versionen von Photoshop in Handbüchern sowie Support-Foren hinreichend dokumentiert. Was insofern noch der in der Automatisierungstechnik üblichen Verfahrensweise entspricht.

Ab Photoshop 2020 wird der automatisierte Ablauf hingegen durch Warnmeldungen unterbrochen und kann erst nach der Quittierung durch einen Bediener fortgesetzt werden. Damit ist die zuletzt getestete Version Photoshop CC 2022 für den vollautomatisierten Bildverarbeitungsprozess nicht mehr einsetzbar.

Bewertung

Es spricht einiges dafür, dass es sich auch im Sinne des Gewährleistungsrechts um einen Mangel an der Software handeln könnte. Zwar befinden sich private Verbraucher nicht erst seit der Gesetzesänderung im Jahr 2022 in einer guten Position, doch in der Praxis lehnen Anwälte die Übernahme derartiger Fälle häufig selbst mit einer Rechtsschutzversicherung ab. Der Streitwert bei einem Abo-Vertrag ist eher gering, das macht es für Anwälte unwirtschaftlich. Bei Unternehmern ist es oft umgekehrt: Die rechtliche Position ist ungünstiger, während der Streitwert und damit auch das Kostenrisiko hoch sind.

Temporäre Umstellung auf Photoshop CS6

ie mit der Unterbrechung anzeigte Fehlermeldung lautet: »Warnung: Es sind keine Pixel zu mehr als 50 % ausgewählt. Die Auswahlkanten werden nicht sichtbar sein«. Eine detaillierte Fehlerbeschreibung mit Kopie an die deutsche Niederlassung von Adobe blieb ohne Ergebnis. Der Adobe Kundendienst äußerte in schriftlicher Form, eine technische Lösung sei in der aktuellen Version nicht möglich. Der Fall wurde damit als »gelöst« geschlossen. Danach haben wir den Fehler selbst analysiert und eine Lösung gefunden, um die Unterbrechung der Stapelverarbeitung auch in der aktuellen Photoshop CC 2022 zu verhindern. Die Details inklusive der Lösung werden im nachfolgenden Video auf YouTube erklärt:

Um das mit dieser Unternehmenspolitik verbundene Risiko als Kunde nicht auch weiterhin tragen zu müssen, fiel die Entscheidung gegen Adobe Photoshop CC und die Creative Cloud. Der von Rasch-Diascan entwickelte Workflow inklusive »IR-Clean« läuft auf der letzten käuflichen Version Adobe Photoshop CS6 fehlerfrei. Photoshop CS6 ist derzeit auf einem aktuellen Windows 10 ohne qualitative Einschränkungen lauffähig. Weil letztlich immer nur das Ergebnis zählt, ist das temporär eine pragmatische und zugleich auch gute Lösung.

Ausblick

Eine nicht mehr weiterentwickelte Software kann natürlich keine dauerhafte Lösung sein. Automationsexperten wissen, dass der Grundsatz »Never change a running system« keinesfalls – wie oft behauptet wird – als Aufruf zu einer innovationsfeindlichen Grundhaltung zu verstehen ist. Damit soll lediglich auf die Risiken aufmerksam gemacht werden, die mit technischen Änderungen an komplexen Systemen verbunden sind.

Trotzdem ist auch eine Software mit marktbeherrschender Stellung nicht generell unersetzlich. Letztlich baut unser Workflow auf spezielle aber doch gebräuchliche Funktionen der Bildbearbeitung auf. Die Umstellung auf eine aktuelle Alternative zu Adobe Photoshop wird folglich in die weitere Entwicklung unseres Workflows einbezogen und konsequent aber mit Bedacht umgesetzt. Wer unter unseren Kunden eine käufliche Bildbearbeitungssoftware für gehobene Ansprüche jenseits der Cloud-Lösungen sucht, dem empfehle ich einmal einen Blick auf die Software Affinity Photo.

Helmut Rasch, April 2022