Nr. 01: Techn. Merkmale der Digitalisierung von Dias u. Negativen
Nr. 02: Die Auflösung von Diafilmen im digitalen Maßstab
Nr. 03: Dia-Scanner – eine Bilanz nach 20 Jahren
Nr. 04: Scan-Dienstleister – eine Bilanz nach 30 Jahren
Nr. 05: Praxisbeispiele für die Farb- und Neutralautomatik
Nr. 06: Alte Dias mal eben abfotografieren?
Nr. 07: Staub- und Kratzerentfernung für die Digitalisierung
Nr. 08: Autofokus und verglaste Diarahmen
Nr. 09: Scan-Beispiele von Dia-Positiven mit und ohne IR-Clean
Nr. 10: Adobe Photoshop CC und Creative Cloud im Praxiseinsatz
Nr. 11: Muster-Scans von Foto-Negativen mit und ohne IR-Clean
Autofokus und verglaste Diarahmen
Grundsatz
Eine Digitalisierung von glaslos gerahmten Dias ist qualitativ als Vorteil anzusehen und daher nach Möglichkeit zu bevorzugen. Bei verglasten Diarahmen liegen Staub und Kratzer gleich auf mehreren Ebenen, was sich nachteilig auf die Reinigungsleistung von »IR-Clean« auswirkt (vgl. letzten Abschnitt). Im Ausnahmefall kann es trotzdem Sinn machen, bereits verglaste Dias mit einem Serienscanner zu scannen. Es gibt Dias, die lassen sich nur mit großem Aufwand oder überhaupt nicht umrahmen. Nachfolgend werden die technischen Möglichkeiten dafür vorgestellt sowie die Vor- und Nachteile erläutert.
Anti-Newton-Gläser
Grundvoraussetzung für die Digitalisierung von Dias mit Glasrahmen sind Anti-Newton-Gläser. Hochwertige Diarahmen enthalten diese speziellen Gläser und verhindern die störenden Regenbogenfarben im Scan-Ergebnis – sogenannte Newton-Ringe. Es wird im Internet darüber berichtet, es könne angeblich trotz Anti-Newton-Gläsern vereinzelt zu Newton-Ringen kommen. Wir können das zumindest aus unserer Erfahrung mit verglasten Diarahmen von GEPE oder WESS bisher nicht bestätigen. Bei unbekannten alten Diarahmen kann davon ausgegangen werden, dass es sich nicht um Anti-Newton-Gläser handelt.
Eintrübung von Gläsern
Glasrahmen können über die Jahre „anlaufen“, was je nach Ausmaß von einer unauffälligen bis zu einer störenden Eintrübung führen kann. Eine derartige Eintrübung von Gläsern lässt sich durch die Infrarot-Reinigung nicht korrigieren. Außerdem zeigt die Praxis, dass die geätzte und raue Oberfläche von Anti-Newton-Gläsern insbesondere bei Zeilenscannern mit harten Lichtquellen auch zu weiteren Störmustern führen kann, die sich erst bei genauer Überprüfung erkennen lassen. Vorteilhaft wirkt sich hingegen das vergleichsweise weiche Licht des Kamera-Scanners in Bezug auf die raue Oberfläche der Anti-Newton-Gläser aus.
Staub und Schimmel
Staubpartikel, die sich auf dem Dia bzw. auf den inneren Glasoberflächen befinden, werden im Rahmen der technischen Möglichkeiten über die Infrarot-Reinigung erfasst. Verglaste Dias neigen zum Befall mit Schimmel. Dieser breitet sich oft in Form von kleinen schwarzen Punkten vom Rand zur Bildmitte aus. Ein nicht übermäßig starker Befall kann meist noch von »IR-Clean« erfasst und retuschiert werden.
Kamera-Scanner von Rasch-Diascan
Der Vorteil des beim Kamera-Scanner eingesetzten Repro-Objektivs ist die optimierte Schärfe im Randbereich (siehe unten). Dazu musste man bei Rasch-Diascan einen eigenen Autofokus entwickeln. Vor jedem Scan wird der Abstand zwischen Dia und Objektiv mit einer Genauigkeit von 10 µm gemessen. Der von der Stärke des jeweiligen Diarahmens abhängige Abstand kann auf diese Weise immer wieder nachgestellt werden.
Bei einem verglasten Rahmen erfolgt die Messung immer auf die Oberfläche des Glases. Folglich weicht die Fokussierung bei einem 0,8 mm dicken Glas um diesen Wert plus eines Luftspalts vom Optimum ab. Die Lösung besteht nun darin, den durch das Glas verursachten Messfehler in die Fokussierung einzurechnen. Bei einer Serie von Dias mit gleicher Glasstärke muss dazu lediglich ein Korrekturwert ermittelt werden. Es ist daher unvermeidlich, dass für Fabrikate mit abweichender Glasstärke jeweils eine eigene Serie mit einem weiteren Korrekturwert angelegt werden muss. Ein Vorteil des von Rasch-Diascan entwickelten Kamera-Scanners ist, dass der Autofokus eine vorhandene Glasoberfläche immer zuverlässig erkennt, weil er ein aktives Messverfahren nutzt.
Nur bei einer Serie von einseitig verglasten Dias kann man sich den Aufwand für die Ermittlung des Korrekturwertes sparen, indem die Messung einfach auf der unverglasten Seite erfolgt. Dazu müssen lediglich alle Glasrahmen identisch ausgerichtet sein.
Bei einseitig verglasten Rahmen führt nur eine Seite zu einer Defokussierung. Sind in einer Serie von Dias sowohl einseitig als auch doppelseitig verglaste Dias der gleichen Stärke enthalten, so muss sichergestellt sein, dass die Messung mit dem Korrekturwert immer von der verglasten Seite erfolgt. Müssen einzelne Dias dafür spiegelverkehrt eingeordnet werden, so können die Scans später per Bildverarbeitung wieder gedreht werden.
Hinweis: Im Normallfall wird davon abgeraten, Gläser aus bereits verglasten Diarahmen zu entfernen. Damit geht die Passgenauigkeit des Rahmens verloren, was zu einer verstärkten Wölbung des Diafilms führen kann. Sprechen Sie bitte vorher mit uns, ob Ihre Diarahmen eventuell doch dafür geeignet sind.
Dia-Scans mit und ohne Glas im Vergleich
Die folgenden beiden Bilder 6 und 7 zeigen die Scan-Ergebnisse von mechanisch vorgereinigten Dias mit und ohne Glasrahmen. Aufgrund von 4 Glasoberflächen und 2 Dia-Oberflächen ist die Häufigkeit von Störpartikeln oder Eintrübungen bei verglasten Dias insgesamt größer und nimmt mit dem Alter weiter zu. Diese Defekte werden beim Umrahmen zwar zum Teil entfernt, jedoch haftet aufgrund der statischen Aufladung auch auf dem glaslosen Diafilm schnell wieder neuer Staub. Die Reinigungswirkung von »IR-Clean« ist bei verglasten Diarahmen schlechter, weil die auf den Glasoberflächen haftenden Partikel nicht in der Fokusebene liegen und somit weniger scharf bzw. mit geringerem Kontrast abgebildet werden. Aus diesen Gründen sind glaslose Diarahmen immer vorteilhaft für eine hochwertige Digitalisierung.
Wir empfehlen, mögliche qualitative Einschränkungen über einen speziellen Probescan für verglaste Diarahmen zu klären. Sofern sich die zur Verfügung gestellten Dias einfach umrahmen lassen, kann auch ein Scan mit und ohne Glasrahmen für einen direkten Vergleich durchgeführt werden. Es ist zu beachten, dass jede Variante von verglasten Diarahmen eine individuelle Einmessung des Autofokus-Systems erforderlich macht, was über die Stundenpauschale laut Preisliste abgerechnet werden muss. Wie eingangs schon erwähnt, ist eine Digitalisierung von glaslos gerahmten Dias immer als die bessere Entscheidung anzusehen. Eventuell ist es einfacher und somit wirtschaftlicher, die Gläser aus Diarahmen zu entfernen. Das ist jedoch nur bei einigen Fabrikaten möglich. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Diafilm dabei nicht beschädigt wird und sich auch ohne Gläser nicht übermäßig wölben kann. Hier sind der Laser-Autofokus sowie die durch den Vollformatsensor bedingte höhere Schärfentiefe unseres Scanners von Vorteil.
Helmut Rasch, 30.06.2022