Dipl.-Ing. (FH) Helmut Rasch

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Technischer Hinweis 03

Dia-Scanner – eine Bilanz nach 20 Jahren


Filmscanner für die Berufsfotografie

Als die Berufsfotografen etwa Anfang der 2000er-Jahre konsequent auf Digitalkameras umgestiegen sind, ist in der Folge die Nachfrage nach Dia-Scannern im oberen Preissegment eingebrochen. Für durchschnittliche Hobbyfotografen waren High-End-Geräte wie die von Nikon mit 2000,- EURO einfach zu teuer. So wie die beiden anderen führenden Hersteller Canon und Konica-Minolta, stellte auch Nikon die Produktion der Filmscanner bis zum Jahr 2009 endgültig ein.

Filmscanner für die Freizeit

Danach teilten sich die Hersteller mit der weniger ausgereiften Technik den verbliebenen Markt. Die Folge ist, dass die aktuell verfügbaren Scanner von der Geschwindigkeit und Präzision her den alten Oberklasse-Filmscannern der 90er-Jahre deutlich unterlegen sind. Leider ist das für den Verbraucher keinesfalls erkennbar. So wird beispielsweise ein aktueller Reflecta DigitDia 6000 mit einer Auflösung von 5000 dpi beworben. Dem gegenüber werden für den Nikon LS 5000 ED („Coolscan“) lediglich 4000 dpi angegeben. Das Testlabor der c’t Digitale Fotografie hat in einem Vergleichstest in der Ausgabe 03/2014 (kostenpflichtiger Download) die Auflösung von Filmscannern nach dem sogenannten USAF-Verfahren gemessen. Das Verfahren funktioniert analog zur Messung des Auflösungsvermögens von Diafilmen (siehe Technischer Hinweis 02). Dazu wird ein sogenanntes USAF-1951-Testbild eingescannt, das mehrere Strichmuster in unterschiedlicher Auflösung enthält. Das effektive Auflösungsvermögen des Scanners ist dort erreicht, wo das definierte Strichmuster nicht mehr eindeutig aufgelöst werden kann.

Bei diesem Praxistest zeigt sich der wahre Klassenunterschied. Hier liegt der vermeintlich unterlegene „alte“ Nikon mit 3872 dpi deutlich über der effektiven Auflösung des modernen Reflecta mit 2896 dpi. Technisch lässt sich das so erklären, dass ein aus Sensor, Optik, Schrittmotor und Elektronik bestehendes Gesamtsystem durch das schwächste Glied in der Kette begrenzt wird. Bei der Scan-Geschwindigkeit wird der Unterschied noch deutlicher. Das Reflecta Gerät benötigt für einen Zweifachscan in bester Auflösung über 9 Minuten, was der Nikon Coolscan in etwas mehr als 2 Minuten erledigt. Die hohe Präzision ist nur einer der Gründe, warum der Nikon Coolscan 5000 bis heute in Vergleichstests als Referenzgerät eingesetzt wird. Das ist zugleich ein Beispiel dafür, dass die Mechanismen der Marktwirtschaft trotz einer unübersehbaren Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten nicht in jedem Fall auch zu einer Verbesserung bei den angebotenen Produkten führen.

Automatische Diazufuhr

Zwar werden komfortablere Lösungen mit automatischer Diazufuhr angeboten, um beispielsweise ein komplettes Magazin zu digitalisieren. Doch es gibt eine Vielzahl von Diarahmen mit den unterschiedlichsten Abmessungen und Formen. Je nach Fabrikat kann das zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Fehlerquote führen, denn derartige Zufuhreinheiten sind nur für den beaufsichtigten Einsatz im Haushalt oder Büro entwickelt worden. In diesem Punkt bieten leider auch die ansonsten hochwertigeren High-End-Scanner keinen Vorteil. Trotz der Eigenschaft „automatisch“ hat ein für den privaten Verbraucher bestimmtes Produkt nämlich nichts mit Automatisierungstechnik zu tun. Nach Maßstäben des Endverbrauchermarktes bewegt sich die Ausfallquote bei allen Geräten in einem Bereich, der mit der gesetzlichen Gewährleistung durchaus zu vereinbaren ist.

Diazufuhreinheit Nikon SF-200

Nachdem sich auch die Dia-Scanner der aktuellen Generation erst ab mehreren tausend Dias lohnen, ist der auf dieses Volumen hochgerechnete Zeiteinsatz nur noch für Idealisten akzeptabel. Als Idealist könnte man zudem auf die Idee kommen, in Anbetracht der wertvollen Zeit auch gleich in einen hochwertigen Filmscanner zu investieren. Mit etwas Glück können Gebrauchtgeräte von Nikon noch bei Ebay ersteigert werden. Doch leider hat die hier beschriebene Situation zu einer ungewöhnlichen Verzerrung des Marktes geführt. Die alten gebrauchten Geräte sind nicht nur zunehmend schwer zu bekommen, sondern werden teilweise zum Mehrfachen des ursprünglichen Neupreises gehandelt.

Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass es viele gute Gründe dafür gibt, warum der Filmscanner in Privathaushalten bis heute keine große Verbreitung gefunden hat. Nach über zwei Jahrzehnten erwarte ich bei Serienscannern auch keine entscheidenden Verbesserungen mehr. Vorteile für den Verbraucher können meiner Ansicht nach nur von innovativen Dienstleistern ausgehen, die den zeitaufwändigen Verarbeitungsprozess der analogen Medien zugunsten der Wirtschaftlichkeit weiter optimieren.


Helmut Rasch, Juni 2016