Nr. 04: Scan-Dienstleister – eine Bilanz nach 25 Jahren

Ingenieur Helmut Rasch

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Technischer Hinweis

04

Scan-Dienstleister – eine Bilanz nach 25 Jahren


Schild - Innovation

Die Kodak Photo CD

Bereits im Jahr 1992 wurde mit der Kodak Photo CD ein richtungsweisender Standard für die Digitalisierung analoger Bildmedien eingeführt. Mit einer Auflösung von 3072 x 2048 Pixel für den Endverbraucher-Markt und bis zu 6144 x 4096 Pixel für den Profi-Bereich war Kodak seiner Zeit weit voraus. Lässt man die im Scan noch enthaltenen schwarzen Ränder unberücksichtigt und rechnet die verbleibenden Pixel auf die Fläche eines Kleinbilddias um, so kommt man je nach Zielgruppe auf eine flächenbezogene Auflösung von 2000 dpi bzw. 4000 dpi. Doch der durchschnittliche Anwender war damals mit einem Windows-System kaum in der Lage, Dateien dieser Größe zu verarbeiten. Das Verfahren ist auch heute noch am Markt verfügbar.

Die großen Fotofachlabors

Die großen Fotolabors verfügen zwar über ein dichtes Netz von Abgabestationen – beispielsweise Drogeriemärkte, doch auf die Annahme kompletter Diamagazine oder -archive ist man hier überhaupt nicht eingestellt. Für eine Digitalisierung als Nischenmarkt würde sich die Bereitstellung entsprechender Ladenfläche auch nicht rentieren. Wo die Kunden vor Jahren noch Filme zur Entwicklung in Sammelboxen einwerfen mussten, um einige Tage später die fertigen Fotoabzüge aus Karteikästen herauszusuchen, da steht heute nur noch ein kleiner Automat. Der Kunde kann hier den Datenträger selbst einlesen und die Abzüge aus dem Foto-Drucker gleich mitnehmen. Die großen Handelsketten bedienen traditionell den Fotomarkt mit großem Preisdruck und geringem Qualitätsanspruch. Das Kerngeschäft sieht man heute im Verkauf diverser Druckerzeugnisse per Selbstbedienung. Falls eine Digitalisierung für Filmmaterial überhaupt noch angeboten wird, so erhält man hier üblicherweise nur Dateien von geringer Größe im verlustbehafteten JPEG-Bildformat.

Die spezialisierten Scan-Dienstleister

Spezialisierte Scan-Dienstleister sind generell besser auf die Digitalisierung auch großer Sammlungen eingestellt. Doch auch hier hat der Preiskampf nicht nur zu positiven Entwicklungen am Markt geführt. Vom eigenen Heimscanner aus betrachtet erscheint das Thema einfach, im Detail ist die Scan-Technik hingegen sehr komplex und für viele Verbraucher kaum durchschaubar. Auf Online-Handelsplattformen werden Dia-Scans als Dienstleistung zum Paketpreis angeboten. Einerseits machen gerade Billiganbieter mit Preisen von unter 10 Cent pro Scan nicht selten technisch unmögliche Versprechungen: Top-Auflösung, optimale Qualität und JPEGs, die „100% mit dem Original übereinstimmen“. Andererseits gibt es durchaus auch Anbieter mit wirklich hochwertigen Angeboten. Doch oft muss der Verbraucher erst einmal diverse Extraleistungen zusammenrechnen, um den tatsächlichen Gesamtpreis zu ermitteln, der bei 60 Cent oder mehr je Scan liegen kann.

Vergleichstest – Dia 1 (Unterbelichtung, hohe Farbdichte)

Damit Sie sich ein genaueres Bild von der qualitativen Bandbreite der heute angebotenen Dia-Scans in Bezug auf den Stand der Technik vor 25 Jahren machen können, haben wir die folgenden Scan-Dienstleister anhand der gleichen Dias direkt miteinander verglichen:


  • Kodak Photo CD aus dem Jahr 1994

  • Spezialisierter Scan-Dienstleister im Jahr 2016 (Preisniveau bis unter 10 Cent)

  • Rasch-Diascan im Jahr 2017 (HDR-Scans/RAW-Formate)

Dia 1 ist aufgrund einer leichten Unterbelichtung mit hoher Farbdichte eine besondere Herausforderung für den Scanner und die damit verbundene Bildverarbeitung. Das Motiv wurde 1992 in Namibia an den Epupa-Wasserfällen aufgenommen. Der fotografische Fehler hält sich soweit in Grenzen, dass Mitte der 90er Jahre ein Fotofachlabor mit analoger Labortechnik in der Lage war, einen korrekt belichteten Papierabzug für 15 Deutsche Mark (DM) anzufertigen. Entsprechend sollten die Möglichkeiten einer Nachbearbeitung als wichtiger Aspekt der digitalisierten Dias beachtet werden. Alle Scans wurden wie nachfolgend beschrieben verarbeitet und erst später für die Darstellung im Internet verkleinert sowie mit einer Farbtiefe von 24 Bit in den sRGB-Farbraum umgewandelt. Dabei enthalten die Histogramme immer den Zustand vor der Konvertierung. Eine Bewertung von Bilddetails im Sinne der Auflösung ist aufgrund der hier gezeigten verkleinerten Versionen nicht mehr möglich. Dafür wurde weiter unten noch ein Test zur Bildschärfe ergänzt.

Dia 1 und die Kodak Photo CD (1994)

Der Preis lag bei 1,- DM pro Bild, hinzu kam noch jeweils ein Auftragspreis für die in mehreren Sitzungen etappenweise beschreibbare CD. Die Scans sind auf der CD mit einer Auflösung von 2048 x 3071 Pixel im Farbraum PhotoYCC gespeichert, den Kodak und Philips für die Archivierung entwickelt haben. Die Angaben zur Farbtiefe bewegen sich je nach Quelle zwischen 8 Bit und 12 Bit pro Kanal. Zumindest erlaubt Adobe Photoshop auch den Import der Dateien von der Photo-CD in ein Zielformat mit 16 Bit pro Kanal.

Epupa Fälle

Für die Photo CD wurde das PCD-Format entwickelt. Dabei handelt es sich nicht mehr um ein RAW-Format, sondern um eine Standard-Bilddatei nach bereits abgeschlossener RAW-Entwicklung. Die Nachbearbeitung im Workflow von Kodak führte schon damals eine automatische Optimierung der Farbbalance und -dichte des Bildes durch. Aus diesem Grund sind die Unterbelichtung und hohe Farbdichte des Dias schon teilweise kompensiert, doch eine vollständige Bildkorrektur konnte auf diese Weise nicht erreicht werden. Insgesamt erscheint das Ergebnis zu dunkel und kontrastarm. Wie wir später sehen werden, ist das für Zwecke der Archivierung nicht unbedingt nachteilig. Die im PCD-Format vorliegende Datei konnte ohne farbliche Änderungen direkt in das hier gezeigte JPEG-Format umgewandelt werden. Nur die bei den Scans auf der CD noch existierenden schwarzen Ränder sind entfernt worden. Erst nach diesem Beschnitt kommt man in Bezug auf das Kleinbilddia auf die offizielle Auflösung von 2000 dpi für den Endverbrauchermarkt.

Betrachtet man zum Bild einmal das Histogramm mit der Verteilung der Tonwerte, so wird deutlich, dass im unteren Drittel bei den Tiefen (dunkle Bildbereiche) und im oberen Drittel bei den Lichtern (helle Bildbereiche) keine Tonwerte bzw. Farbinformationen liegen.

Histogramm
Epupa Fälle

Üblicherweise lässt sich ein unterbelichtetes Motiv über eine Tonwertspreizung und Verschiebung der Mitten im Histogramm (=Gammakorrektur) schon weitgehend korrigieren. Um dies zu testen, wird die PCD-Datei in Adobe Photoshop importiert und dort entsprechend nachbearbeitet. Bild 4 zeigt, dass eine farbneutrale Tonwertspreizung zwar zu einem verbesserten Kontrast führt, doch farblich ist das Resultat noch nicht zufriedenstellend. Der Grund dafür ist, dass hier nicht einfach ein farbkalibrierter RAW-Scan bearbeitet worden ist. Vielmehr erfolgte bei der Digitalisierung im Jahr 1994 mit dem Ausgleich der Unterbelichtung auch eine Änderung der Farbbalance als Nebeneffekt. Ein gutes Ergebnis kann somit nur erreicht werden, indem die Farbbalance wieder korrigiert wird.

In einigen Fällen lassen sich fotografische Fehler und Farbstiche durch eine automatische Bildbearbeitung durchaus verbessern. Doch um von einem fehlerhaften Bild zu einem guten Ergebnis zu kommen, ist in den meisten Fällen eine individuelle Korrektur unumgänglich. Entsprechend wurde für Bild 5 die Farbbalance individuell korrigiert. Eine entscheidende Voraussetzung für das gute Ergebnis einer individuellen Bildbearbeitung ist, dass zuvor keine Bildinformationen im Workflow verloren gegangen sind. Insofern darf man sich vom ersten Eindruck einer vermeintlich dunklen und kontrastarmen Scan-Datei der Photo CD nicht täuschen lassen. Tatsächlich sind auf der Photo CD alle Informationen für ein gutes Ergebnis per Nachbearbeitung enthalten, trotz des unterbelichteten Originals mit hoher Farbdichte. Die Qualitätsreserven der Kodak Photo CD können 25 Jahre nach deren Einführung keinesfalls als selbstverständlich betrachtet werden. Das nachfolgende Beispiel macht deutlich, dass ein eingeschränktes Potenzial für die Nachbearbeitung bei aktuellen Dienstleistern nicht vollständig ausgeschlossen ist.

Epupa Fälle
Histogramm

Bei der Nachbearbeitung einer PCD-Datei sollte man darauf achten, dass die PCD-Datei nicht nur mit einer Farbtiefe von 8 Bit (256 Stufen) pro Kanal geladen und verarbeitet wird. Der Importfilter von Adobe Photoshop erlaubt eine Wahl zwischen 8 Bit und 16 Bit pro Farbkanal. Zur tatsächlichen Farbtiefe der Kodak Photo CD findet man je nach Quelle unterschiedliche Angaben. Was im Falle einer Tonwertspreizung bei nur 8 Bit passieren würde, verrät das Histogramm in Bild 6. Da von den 256 Abstufungen nur etwa ein Drittel mit Werten belegt ist, werden nach der Tonwertspreizung die nicht belegten Stufen als Lücken sichtbar. Selbst wenn die Kodak Photo CD vermutlich nur 12 Bit Farbtiefe je Kanal enthält, so entspricht das immerhin 4096 Tonwertstufen pro Farbkanal von den Tiefen bis zu den Lichtern.

Dia 1 und der spezialisierte Scan-Dienstleister (2016)

Epupa Fälle

Im Scan-Ergebnis des spezialisierten Dienstleisters ist zwar die ursprüngliche Unterbelichtung der Vorlage nicht mehr zu erkennen, doch dafür fallen hier die unnatürlich gesättigten Farben umso mehr auf. Zudem zeigt sich in einigen Bereichen des Himmels ein Bildrauschen, das sich erst bei der Original-Auflösung des Scans als grobe Körnung in störender Weise bemerkbar macht. Erklärbar ist ein derartiger Effekt durch eine unzweckmäßig durchgeführte Verstärkung des Kontrastes. Trotzdem handelt es sich hier immerhin um eine höhere Qualitätsstufe des Anbieters. Die Auflösung wird mit 4500 dpi angegeben, der Preis liegt je nach Auftragsvolumen günstigstenfalls bei 19 Cent pro Scan zuzüglich Sonderleistungen.

Betrachtet man nun das zugehörige Histogramm, so zeigt sich, dass hier die Tiefen beschnitten sind und möglicherweise auch Teile der Lichter fehlen. Eine individuelle Korrektur dieses Scans ist nicht mehr möglich, weil hier Bildinformationen verloren gegangen sind. Diese Datei ist vermutlich erst durch eine fehlerhafte Bildbearbeitung nach dem Scannen zerstört worden.

Histogramm

Hier zeigen sich zwei grundsätzliche Risiken im Konzept einiger Scan-Dienstleister:


  • Standard-Bildformate zur Archivierung sind für digitalisierte Dias ein denkbar ungeeignetes Konzept. Doch viele Scan-Dienstleister geben ausschließlich diese Formate an den Kunden weiter. Im ungünstigsten Fall kommt noch eine mehr oder weniger verlustbehaftete Komprimierung hinzu. Dem steht zweifellos entgegen, dass sich eine Digitalisierung zum aktuellen Stand der Technik nur bis zu den RAW-Daten zuverlässig optimieren lässt, weil es sich bis zu dieser Bearbeitungsstufe um einen rein physikalischen Prozess handelt. Das Ergebnis der nachfolgenden Bildbearbeitung ist immer mit Unsicherheiten verbunden und zudem nicht mehr rückgängig zu machen.

  • Die Bildautomatik für alle Aufnahmesituationen gibt es nicht. Doch üblicherweise liefern Scan-Dienstleister genau ein Standard-Format pro Scan. Dem steht entgegen, dass sich die Verfahren zur Bildoptimierung in zwei Kategorien unterteilen lassen: Bildautomatiken mit und ohne Eingriff in die Farbbalance. Folglich ist es kein Zufall, dass die Farbautomatik von Rasch-Diascan im nächsten Abschnitt ein ähnliches Ergebnis liefert, wenn auch ohne Beschnitt von Tonwerten und mit weniger extremen Farben. Eine zusätzliche farbneutrale Bildautomatik könnte demnach auch für den hier vorgestellten Dienstleister die Lösung sein – dieses Konzept wird im nachfolgenden Fall vorgestellt.

Dia 1 und Rasch-Diascan (2017)

Negativ

Es folgt ein Digitales Negativ von Rasch-Diascan im Format VueScan RGBi – der letzte Buchstabe steht hier für den neben den RGB-Daten zusätzlich enthaltenen Infrarotkanal. Technisch betrachtet sind in den RAW-Dateien lediglich die vom Sensor gemessenen Helligkeitswerte für jeden RGB-Kanal zu jedem Bildpunkt gespeichert. Vor der RAW-Entwicklung in einen allgemeingültigen Farbraum ist die Interpretation dieser hardware-spezifischen Messwerte mehr oder weniger willkürlich. Das erklärt auch, warum RAW-Formate von verschiedenen Programmen oft unterschiedlich angezeigt werden. Typischerweise erscheinen RAW-Daten in der Voransicht unterbelichtet bzw. zu dunkel. Ähnliches gilt für das Histogramm einer RAW-Datei, auf das hier aus diesem Grund verzichtet wird. Bild 9 ist ein Beispiel für die Darstellung im Dateiexplorer von Windows 8.1.

Sinnbildlich passend wird die Datei hier auch tatsächlich als Negativ angezeigt, wobei die weißen Staubpartikel auf dunklem Hintergrund besonders gut zu sehen sind. Unter anderem hängt diese Darstellungsweise damit zusammen, dass es sich bei dem von Rasch-Diascan gelieferten Format VueScan RGBi aus technischen Gründen immer um RAW-TIFF-Dateien handelt. Wie bereits erwähnt ist die Interpretation von RAW-Daten willkürlich und hat keine weitere Bedeutung. Die Voraussetzung für eine genaue Darstellung von Farben und Kontrasten am Monitor ist immer eine RAW-Entwicklung. Erst dabei wird der korrekte Bezug zwischen dem Sensor- und Standardfarbraum über das kalibrierte ICC-Farbprofil als Referenz hergestellt.

Diese unvollständige RAW-Entwicklung wird im Workflow von Rasch-Diascan als Minimalautomatik bezeichnet. Dazu gehört auch die Anpassung an die Nichtlinearität des menschlichen Auges über die Gammakorrektur. Weiterhin unverzichtbar ist in diesem Arbeitsschritt die infrarot-basierte Staub- und Kratzerentfernung. Aufgrund des leistungsfähigen Erkennungsverfahrens sollte dafür VueScan eingesetzt werden. Damit entfällt der Infrarotkanal als aufwändige Besonderheit der RAW-Entwicklung bei hochwertigen Scannern. Für Experten ist die abschließende Entwicklung der Dateien danach so einfach, wie ein in der RAW-Fotografie üblicher Workflow. Unter den Zusatzoptionen kann die Minimalautomatik anstelle von fertigen Bildformaten bestellt werden. Die Minimalautomatik ist zugleich die Basis für die weitere Bearbeitung im Workflow von Rasch-Diascan.

Vor dieser weiteren Bearbeitung erscheint das Bild immer noch dunkel, weil der Schwarz- und Weißpunkt noch nicht endgültig angepasst worden ist. Da hier zudem ein unterbelichtetes Dia digitalisiert wurde, verstärkt sich dieser Effekt noch einmal. Aus diesen Gründen wirkt das Ergebnis der Minimalautomatik je nach Monitoreinstellung fast schwarz. Erst die nachfolgenden Arbeitsschritte werden zeigen, dass auch in dieser Datei so wie bei der Photo CD trotzdem die volle Bildinformation enthalten ist.

Epupa Fälle

Für die weitere Bildentwicklung kommt zunächst die Farbautomatik zum Einsatz. Wie der Name schon sagt greift diese Bildautomatik in den Farbton des Bildes ein. Typischerweise liefern derartige Bildautomatiken gute Ergebnisse bei Motiven, die über eine „normale Verteilung“ aller Farben verfügen. Aufnahmesituationen mit einem klar vorherrschenden Farbton wie Sandwüsten, Sonnenuntergänge oder im vorliegenden Fall die warmen Lichttöne kurz vor dem Sonnenuntergang sind für die Farbautomatik weniger geeignet. Die nachfolgend vorgestellte Neutralautomatik ist dann die bessere Wahl.

Die Neutralautomatik kann zwar keine Farbstiche korrigieren, führt aber immerhin schon zu einer Verbesserung gegenüber dem unterbelichteten Original. Mit den verbesserten Einstellungen von Helligkeit und Kontrast kommen auch die Farben stärker zum Vorschein. Entscheidend ist dabei, dass die Tonwertkorrektur nach der Kalibrierung über das ICC-Farbprofil des Scanners ansonsten farbneutral durchgeführt wurde. Trotzdem gilt auch hier, um von einem fehlerhaften Bild zu einem wirklich einwandfreien Ergebnis zu kommen, ist eine individuelle Korrektur in den meisten Fällen unumgänglich.

Epupa Fälle

Bei Scans von korrekt belichteten Dias liefern die Bildautomatiken meistens Ergebnisse, die bestenfalls noch eine Feinabstimmung benötigen. Oft ist dazu schon eine einfache Änderung des Gammawertes über den Mittenregler im Histogramm ausreichend. Um den fotografischen Fehler im konkreten Fall auszugleichen, benötigt das Bild auch noch eine Anpassung der Farbbalance. Dies lässt sich erreichen, indem beispielsweise eine Gradations- oder Tonwertkorrektur für jeden RGB-Kanal durchgeführt wird. Bei Rasch-Diascan wird eine individuelle Korrektur über die Zusatzoption individuelle Arbeitsaufträge angeboten.

Das Histogramm zeigt ein korrigiertes Bild ohne Beschnitt der Tonwerte. Erst nach dieser Bildbearbeitung wurde das Ergebnis mit einer Farbtiefe von 24 Bit ins JPEG-Format umgewandelt. Es ist nämlich zu beachten, dass die Änderung des Dateiformats sich auch auf das Histogramm auswirkt.

Histogramm

Vergleichstest – Dia 2 (schwierige Bildbearbeitung)

Dia 2 ist eine besondere Herausforderung für Bildautomatiken, weil ockerfarbene Farbtöne im Bild klar überwiegen. Farbautomatiken liefern hingegen gute Ergebnisse, wenn das Bild eine „normale Verteilung“ aller Farben enthält. Das Motiv wurde 1992 in Namibia im Marienflusstal aufgenommen. Es handelt sich dabei um eine normal belichtete Aufnahme einer trockenen Grassavanne mit rötlichem Sandboden.

Dia 2 und Kodak Photo CD

Wie beim vorangegangenen Motiv bestätigt sich auch hier, dass das Resultat der automatisierten RAW-Entwicklung durch Kodak für den damaligen Stand der Technik richtungsweisend war. Extreme oder unnatürliche Farben sind nicht enthalten. Möglicherweise konnten damals auffällige Abweichungen bei Kodak verhindert werden, indem ein Mitarbeiter das Ergebnis jeweils aus zwei oder drei Varianten auswählen musste. Das gehörte seinerzeit zumindest bei den Print-Fotos aus dem Fotoladen zum Standard und wäre beim Preis von etwa 1,- DM auch wirtschaftlich zu rechtfertigen gewesen. Auch in diesem Fall ist die Datei eine gute Ausgangsbasis, um mit aktueller Bildbearbeitungssoftware optimierte Ergebnisse zu erzielen. Wie im Technischen Hinweis 2 belegt werden konnte, können 2000 dpi dem Auflösungsvermögen auch einfacher Diaaufnahmen nicht immer gerecht werden. Aus gutem Grund hatte Kodak seinerzeit schon die doppelte Auflösung für Profis im Angebot. Leider passten so nur noch 25 Dateien auf eine CD, was einer der Gründe dafür ist, warum die CD als Datenträger heute nicht mehr als zeitgemäß gelten kann.

Dia 2 und spezialisierter Dienstleister

Auch bei diesem Scan zeigen sich wieder die gleichen extremen Farben, wie bei allen von diesem Dienstleister gelieferten Ergebnissen. Es kann vermutet werden, dass hier eine Bildautomatik zum Einsatz gekommen ist, die auch in die Farbbalance eingreift. Genau dafür ist das Dia 2 eine besondere Herausforderung. Vielleicht wäre das Problem mit einer farbneutralen Bildautomatik im gleichen Workflow gar nicht erst aufgetreten, doch der Kunde erhält immer nur ein Ergebnis pro Scan. Das ist zwar bei der Kodak Photo CD auch nicht anders, aber dort erfolgte seinerzeit eine Auswahl per Sichtkontrolle durch einen Mitarbeiter, was sich bei Preisen bis unter 10 Cent nicht rechnet. Die Original-Datei des Scans in der Auflösung 6000 x 4000 Pixel hat zudem eine Unschärfe auf der rechten Bildseite, die wir später genauer untersuchen. Im Histogramm ist wieder ein Beschnitt der Tonwerte zu sehen. Inakzeptabel ist jedoch der Verlust von Bildinformation, der jede Korrektur über eine Nachbearbeitung in der Zukunft unmöglich macht.

Dia 2 und Rasch-Diascan

Aus den zuvor schon erläuterten Gründen liefert auch die Farbautomatik von Rasch-Diascan in diesem Fall kein brauchbares Ergebnis. Die Farbabweichungen treten im Vergleich zum vorangegangenen Fall zwar weniger extrem auf, trotzdem spricht einiges dafür, dass die Bildverarbeitung in beiden Fällen nach einem ähnlichen Grundprinzip arbeitet. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass bei Rasch-Diascan zusätzlich eine farbneutrale Bildautomatik zur Verfügung steht. Ähnlich wie bei der Kodak Photo CD wäre auch hier eine manuelle Auswahl durch einen Mitarbeiter denkbar, doch ein zeitgemäßer Preis würde dann bei etwa bei 1,- Euro pro Scan liegen.

Die Neutralautomatik entspricht einer RAW-Entwicklung mit einer vollständigen Tonwertkorrektur und Anpassung des Schwarz- und Weißpunktes sowie der Gammawerte. Der besondere farbliche Charakter ist trotz Bildautomatik erhalten geblieben, weil über Farbkalibrierung des Scanners hinaus kein weiterer Eingriff in die Farbbalance erfolgt ist. Weitere manuelle Änderungen mussten nicht vorgenommen werden. Aufgrund der eingesetzten Methoden ist die Bildverarbeitung Rasch-Diascan grundsätzlich verlustfrei, daher steht einer weiteren Feinabstimmung oder Nachbearbeitung nichts im Wege. Die mit diesem Motiv verbundenen Schwierigkeiten kommen in der Praxis nicht selten vor. Das verdeutlicht, warum eine zusätzliche farbneutrale Bildautomatik in einem automatisierten Workflow eine unverzichtbare Voraussetzung für gute Ergebnisse ist.

Ergänzender Test zur Bildschärfe

Bei den Scans der beiden Landschaftsaufnahmen war beim spezialisierten Dienstleister eine zur rechten Bildseite hin zunehmende Unschärfe aufgefallen. Da der Dienstleister die Schärfe seiner Scans mit überdurchschnittlichen 4500 dpi bewirbt, soll das tatsächliche Auflösungsvermögen hier noch einmal genauer untersucht werden. Die Ausgangsbasis für diesen Test ist ein weiteres Dia mit Motorrad und beschrifteten Schildern im Hintergrund. Dazu wurde der rot markierte Bildausschnitt jeweils in Originalauflösung des Scans in eine gemeinsame Bilddatei eingefügt und das Ergebnis möglichst verlustfrei mit geringer JPEG-Komprimierung gespeichert. Die genaue Ursache für die Unschärfe bleibt unklar, weil der betreffende Dienstleister die eingesetzte Hardware nicht offenlegt. Der Vergleich der Ergebnisse zeigt zumindest, dass die mit 4500 dpi angegebene Auflösung im Bereich der Schilder tatsächlich nur noch bei schätzungsweise 3000 dpi liegt.

Fazit und Bewertung

Für anspruchsvolle Verbraucher mit mittleren bis großen Dia-Sammlungen sind nur die Angebote der spezialisierten Scan-Dienstleister wirklich interessant. Doch die hier gezeigten Beispiele können auch einen Eindruck davon vermitteln, welche Bandbreite bei der Scan-Qualität möglich ist. Oft hat der Verbraucher nur die Wahl zwischen einem hohem Preis oder geringer Qualität. Doch dabei ist ein höherer Preis keinesfalls eine Garantie für eine bessere Leistung. Insbesondere die billigen Anbieter können das Preisniveau in der Regel nur zu Lasten der Qualität erreichen, weil sie üblicherweise mit geringem Automatisierungsgrad arbeiten. Wie der Vergleich mit der Kodak Photo CD verdeutlicht, hat der technische Fortschritt von über 20 Jahren bei Dienstleistern zu keiner generellen Verbesserung beim Preis-Leistungsverhältnis geführt. Einen dazu passenden Vergleichstest veröffentlichte das Computermagazin c't in Ausgabe 12/2015 (kostenpflichtiger Download): Dia digital, Scan-Dienste für digitale Dias in hoher Auflösung und Farbtiefe.

Wenig verständlich erscheint, warum bis heute so viele Scan-Dienstleister an der verlustbehafteten JPEG-Komprimierung in Verbindung mit CDs und DVDs als Speichermedium festhalten. Selbst Hobby-Fotografen nutzen längst schon die RAW-Formate ihrer Digitalkameras. Erklären lässt sich das vielleicht zum Teil mit der EU-Richtlinie WEEE 2012/19/EU, mit der für Scan-Dienstleister und insbesondere kleine Unternehmen nur schwer überwindbare Markthemmnisse geschaffen wurden. Das deutsche Elektrogesetz (ElektroG) ist nur ein Beispiel für die nationalen Umsetzungen dieses Bürokratiemonstrums, das gerade die kleinen spezialisierten Scan-Dienstleister davon abhält, nicht mehr zeitgemäße Datenträger wie CD oder DVD durch moderne und zeitsparende USB-Datenträger mit hoher Kapazität zu ersetzen. So wird ein USB-Stick im Gegensatz zur CD als Elektrogerät im Sinne des Gesetzes definiert, das nur noch mit WEEE-Registrierung in Verkehr gebracht werden darf. Ausführliche Informationen dazu finden Sie in Frage 14 unter dem Menüpunkt Service - Häufige Fragen (FAQ).

Bei der Beurteilung der hier gezeigten Scan-Ergebnisse sollten Sie nicht außer Acht lassen, dass Sie Farben und Kontraste nur an einem farbkalibrierten Bildschirm richtig einschätzen können. Die Computerbildschirme in durchschnittlichen Haushalten sind dafür nämlich nicht präzise genug eingestellt, so dass die angezeigten Farben und Kontraste mehr oder weniger stark von den Normwerten abweichen. Doch schlecht eingestellte Monitore können keine Rechtfertigung für Sparen um jeden Preis bei der Digitalisierung unersetzbarer Dia-Sammlungen sein. Der Trend in der digitalen Unterhaltungselektronik und Computertechnik ist eindeutig. Beide Branchen wachsen immer weiter zusammen. Monitore und Fernseher werden immer häufiger und zu günstigeren Preisen mit erweitertem Farbraum angeboten. Setzt sich der Trend in dieser Richtung fort, so können zukünftig hochwertige Digitalisierungsdaten auch auf durchschnittlichen Bildschirmen farbgetreu angezeigt werden. Da auch hochwertige HDR-Scans nicht mehr wirklich teuer sind, ist es auch für den preisbewussten Verbraucher ratsam, das Qualitätsniveau bei der Suche nach dem richtigen Scan-Dienstleister nicht aus den Augen zu verlieren.

Helmut Rasch, Mai 2017

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